- Top-Lagen bleiben stabil, obwohl Kaufkraft sinkt
- Stabile Mietpreise und kreative Nutzungskonzepte stärken Einzelhandelsmarkt
- Struktureller Wandel: Neue Konzepte lösen Klassiker ab
Das herausfordernde wirtschaftliche Umfeld ist im Jahr 2024 in Österreich deutlich spürbar. Dennoch zeigt sich der Einzelhandelsmarkt widerstandsfähig mit einer dynamischen Vermietungssituation. Das Preisniveau in den A-Flächen ist dabei anhaltend hoch, Haupttreiber sind nach wie vor Konzepte aus der Luxusgüterindustrie, Discounter sowie Monolabels. „Wir sehen trotz der Herausforderungen weiterhin eine bemerkenswerte Stabilität in den besten Lagen Wiens“, kommentiert Research-Leiter Martin Denner den heute erschienenen Retail-Marktbericht von OTTO Immobilien. „Gerade in den Top-Lagen gibt es kaum Preisnachlässe. Trotzdem gelingt es oft, zeitnahe attraktive Nachvermietungen zu realisieren. Das trägt dazu bei, Leerstände nachhaltig zu reduzieren„, sagt Anthony Crow, Leiter der Immobilienvermarktung Gewerbe.
Kleinere Verkaufsflächen stark nachgefragt
In den Einkaufsstraßen sind kleinere bis mittelgroße Flächen bis zu 300 Quadratmetern besonders gefragt. Mit Ausnahme von Top-Lagen wird dagegen die Vermarktung größerer Flächen, die etwa über Obergeschosse oder Keller verfügen, zunehmend herausfordernd. Hier zeigt sich eine sinkende Nachfrage, diese Flächen sind schwieriger zu vermieten und verlieren im Vergleich zu ebenerdigen Verkaufsflächen an Wert. „Die Nachfrage nach kleineren bis mittelgroßen Objekten ist nach wie vor hoch, während größere oft länger auf dem Markt bleiben. Das zeigt, dass nicht mehr viele Player in der Lage sind, solche Flächen rentabel zu bespielen“, erklärt Anja Mutschler, Teamleiterin Retail bei OTTO Immobilien.
Stabile Mieten in Top-Lagen, leichter Rückgang bei größeren Flächen
Die Mietpreise in den Wiener Einkaufsstraßen blieben weitgehend stabil. 2024 lagen die Spitzenmieten in Top-Lagen des ersten Wiener Bezirks wie dem Graben unverändert bei bis zu 600 Euro pro Quadratmeter. Auch die Mietpreise für kleine und mittelgroße Geschäftsflächen sind auf einem konstanten Niveau geblieben, trotz der Herausforderungen im stationären Einzelhandel. Bei größeren Flächen in B- und C-Lagen sowie auf der Mariahilfer Straße sind hingegen leichte Mietpreisrückgänge von bis zu 5 % zu verzeichnen. In der Wiener Innenstadt stieg der Leerstand in A-Lagen von 0,9 % (2023) auf 2,6 %[1].
Expansion und innovative Konzepte auf dem Vormarsch
Die Expansionspläne vieler Retailer konzentrieren sich auf Standorte mit hoher Frequenz und Verweilqualität. Etablierte Marken repositionieren ihre Flächen mit moderneren Konzepten, um die Attraktivität der Standorte zu erhöhen. Neben den bekanntesten Einkaufsstraßen stehen zunehmend neu errichtete Begegnungszonen im Fokus der Expansion. Während klassische Bekleidungsgeschäfte stagnieren oder sogar zurückgehen, gewinnen Gesundheitsanbieter, Gastronomie und Entertainment-Angebote zunehmend an Bedeutung. Konzepte im mittleren Preissegment, insbesondere der Textilhandel, überdenken ihre zukünftige Filialnetzentwicklung.
Anja Mutschler: „Alte Wege öffnen keine neuen Türen. Wir beobachten, dass immer mehr Flächen von neuen Konzepten belegt werden. Diese füllen die Leerstellen, die durch den Rückzug der klassischen Textilunternehmen entstehen. Es bleibt jedoch fraglich, ob die hohen Mietpreise in den Spitzenlagen auf Dauer aufrechterhalten werden können.“
Exklusive Luxusmeilen auf Wachstumskurs
In den stark frequentierten Innenstadtlagen haben sich die Highstreets von den pandemie- und krisenbedingten Rückschlägen gut erholt, Nachfrage und Mietniveau zeigen sich stabil. Besonders gefragt sind in Wien nach wie vor Spitzenlagen wie das Goldene Quartier, wo zeitnahe Nachvermietungen gelingen und Leerstände oft schnell wieder belegt werden. Luxusmarken nutzen die Chance zur Expansion und sichern sich Top-Lagen, um ihre internationale Präsenz weiter auszubauen. So entwickelt sich etwa der Graben zunehmend zu einer exklusiven Luxusmeile mit neuen Flagship-Stores wie Saint Laurent, die die Lage weiter aufwerten. Weitere Off-Market-Standorte werden derzeit diskret vermarktet und steigern die Attraktivität des Straßenzuges weiter. Lagen mit geringer Frequenz geraten dagegen zunehmend unter Druck. Hier sind innovative und kreative Nutzungskonzepte jenseits des klassischen Einzelhandels gefragt, um diese Standorte zu revitalisieren und nachhaltig zu nutzen.
Positive Aussichten für 2025
Für das Jahr 2025 wird eine leichte Belebung der Expansionsaktivitäten erwartet, insbesondere im Bereich der kleineren Flächenkonzepte. Viele Anbieter im Luxusbereich, vor allem Monobrands, wollen in Wien Fuß fassen und positionieren sich bereits strategisch für die Zukunft. Gleichzeitig sind die Eigentümer gefordert, vermehrt Kompromisse einzugehen, um die Attraktivität ihrer Mietflächen zu steigern. Insgesamt zeigt sich der österreichische Einzelhandelsmarkt weiterhin anpassungsfähig und bereit, sich den aktuellen Herausforderungen zu stellen. Die Expansionspläne und Neuentwicklungen deuten auf eine positive Entwicklung des stationären Einzelhandels in den kommenden Jahren hin.
Geschäftsführer Eugen Otto fasst zusammen: „Trotz der wirtschaftlichen Herausforderungen sehen wir im österreichischen Einzelhandelsmarkt weiterhin großes Potenzial. Besonders die Spitzenlagen Wiens bieten weiterhin eine attraktive Basis für Luxusmarken und innovative Konzepte. Wir sind überzeugt, dass der stationäre Handel in diesen Lagen nicht nur stabil bleibt, sondern auch neue Impulse setzen kann, um die Innenstädte attraktiv zu gestalten und den Markt nachhaltig zu beleben.“
Ausführliche Informationen zur Retail-Marktentwicklung sowie Details zu den wichtigsten Lagen in Wien und den Bundesländern im vollständigen Marktbericht von OTTO Immobilien: https://epaper.otto.at/view/514828119/
[1] Quelle: Standort + Markt