Der deutsche Politiker und profunde Europa-Kenner Armin Laschet war der erste Gast der neuen Veranstaltungsreihe „Salon Stubenring“ der Wirtschaftskammer Wien. Ins Leben gerufen wurde das neue Format, das in den historischen Räumlichkeiten der Kammer am Stubenring über die Bühne geht, vom Wiener Wirtschaftskreis, dem Think Tank der WK Wien. „Mit der neuen Veranstaltungsreihe knüpfen wir an unsere Historie an. Der Salon Stubenring soll Raum für großes Denken und neue Ideen auch abseits des tagesaktuellen Geschehens bieten“, sagt Walter Ruck, Präsident der Wirtschaftskammer Wien. Im Haus am Stubenring hätten bereits Nobelpreisträger gewirkt und es war auch ein zentraler Ort der Österreichischen Schule der Nationalökonomie.
„Europa unter Druck“ lautete der Titel der Premiere. Den gibt es aktuell von vielen Seiten. Zum einen droht die Union ihre wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den USA und China zu verlieren. Zum anderen ist Europa durch die Kriege in unmittelbarer Nähe sicherheitspolitisch in Gefahr. Dazu kommen noch innereuropäische Konflikte, da sich die EU durch unterschiedliche Ansichten, etwa hinsichtlich Migrationspolitik oder Klimawandel, spalten lässt. „Wir tun jetzt alles, um irgendwie den Ist-Zustand aufrecht zu erhalten und es ist kein Platz mehr da für Visionen oder die Frage, wo wir mit der EU eigentlich hinwollen”, bedauerte Laschet.
Neues zulassen
Damit entsteht der Eindruck einer Perspektivenlosigkeit, die für den profunden EU-Kenner Laschet in Wahrheit nicht gegeben ist. „Gerade in einer Krise ist es gut, wenn man definiert, wo man eigentlich steht und sieht, wie man besser werden kann”, so Laschet. Darauf kann man aufbauen. „Und das wird bei der Wettbewerbsfähigkeit genauso sein”, ist Laschet überzeugt. Klare Forderungen formulierte er im Zuge dessen an die Politik, allen voran den EU-Institutionen: „Ich erwarte ich mir von der nächsten Kommission, dass sie Vorschriften abbaut und nicht neue erfindet”, betont Laschet. Denn was früher eine Erleichterung bedeutete – nämlich einheitliche Richtlinien und Standards im EU-Binnenraum ohne Abweichungen in einzelnen Ländern – wird heute zum Hemmschuh für die Unternehmen. Innovationen werde dadurch im Keim erstickt, so Laschet: „Man muss Neues erst einmal zulassen und ausprobieren. Dann kann man auch wieder an die Spitze kommen.“
Starker Markt
Auch WK Wien-Präsident Ruck betont den Wunsch nach weniger Dirigismus: „Rahmenbedingungen vorzugeben ist ja okay, aber wir müssen weg von dieser individuellen Vorschriftsebene”, forderte Ruck. Grund zu verzweifeln, sieht er allerdings nicht. „Ich glaube an diesen Kontinent und dessen Wirtschaft. Es ist ein extrem starker Markt mit resilienten Menschen, die gut ausgebildet sind. Wenn wir uns auf unsere Stärken besinnen, können wir die aktuellen Herausforderungen schaffen”, ist Ruck überzeugt. Für den Wirtschaftsstandort Wien hat die EU jedenfalls enorme Bedeutung. Ruck: „Rund 70 Prozent des Wiener Exportvolumens gehen in andere EU-Staaten. Unter den größten zehn Exportmärkten Wiens befinden sich acht EU-Länder. Deutschland selbst ist der größte Handelspartner der Wiener Unternehmen.“
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