Bergmähwiesen bzw. Bergmähder zählen zu den gefährdetsten Lebensräumen Mitteleuropas. Mit Ausgleichszahlungen im österreichischen Agrarumweltprogramm (ÖPUL) werden gezielt Anreize gesetzt, um die bäuerliche Bewirtschaftung und somit die Offenhaltung dieser besonders artenreichen Flächen zu gewährleisten und vor der Verbuschung zu schützen – mit ersten Erfolgen, wie die jüngsten Zahlen beweisen.
„Bergmähwiesen sind besonders artenreiche Lebensräume, die eng mit der bäuerlichen Bewirtschaftung verbunden sind. Indem die Bäuerinnen und Bauern die hoch gelegenen, vielfach steilen, schwer zugänglichen Flächen mähen und offenhalten, versorgen sie nicht nur ihr Vieh mit Futter, sondern fördern gleichzeitig auch die hohe Biodiversität. Geben die Betriebe die Bewirtschaftung jedoch auf, verschwinden auch die für Almwiesen typischen, lichtbedürftigen Pflanzen-, Tier- und Pilzgesellschaften, da die wertvollen Flächen rasch überwuchert und die Arten verdrängt werden. Daher ist es wichtig, die Bäuerinnen und Bauern weiterhin zu motivieren, die Wiesen wie bisher zu bewirtschaften und die besonders hohe Artenvielfalt zu erhalten“, betont Josef Moosbrugger, Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich.
Bei Bergmähwiesen handelt es sich um Flächen, die im Gebirge ab rund 1.200 Höhenmetern vorkommen. Dabei wird eingeteilt in gedüngte Fettwiesen und ungedüngte Magerwiesen, die unterschiedlich oft gemäht und ab Mitte August auch beweidet werden dürfen. Bergfettwiesen befinden sich meist in unmittelbarer Nähe zu den Almgebäuden in nahezu ebener Lage (Almanger). Dr. Andreas Bohner, Abteilungsleiter für Umweltökologie an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein, erklärt, dass auf solchen Flächen eine Vielfalt an 35 bis 55 Pflanzenarten je 50 m2 vorkommen kann.
Höchste Artenvielfalt auf Bergmähdern
Noch artenreicher sind Bergmähder. Diese Magerwiesen werden nicht gedüngt und nur einmal im Jahr gemäht, um eine Aushagerung des Bodens zu verhindern. „Auf solchen Standorten wachsen viele seltene und gefährdete Arten. Auf einer Fläche von 50 m2 können bis zu 96 Pflanzenarten vorkommen. Das ist im europäischen Vergleich ein absoluter Spitzenwert. Diese Magerwiesen sind somit aus naturschutzfachlicher und landschaftsästhetischer Sicht von großer Wichtigkeit“, erklärt Bohner weiter. Typische Pflanzenarten, die auf diesen Flächen vorkommen, sind zum Beispiel die Türkenbund-Lilie, das Manns-Knabenkraut oder die Bart-Nelke. Da viele Insekten auf spezielle Blüten angewiesen sind, bieten Bergmähwiesen bzw. Bergmähder auch ein reiches Nahrungsangebot für Bienen, Schmetterlinge und Co, aber auch für Pilze.
„Steilheit, Lage und Erreichbarkeit machen die Pflege der Bergmähwiesen schwierig und aufwendig, oft ist mühevolle Handarbeit nötig. Deshalb gelten diese Lebensräume auch als besonders gefährdet. Zur Erhaltung braucht es nicht nur viel Idealismus der Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter, sondern auch Nutztiere, die das Gras und Heu verwerten und in Lebensmittel höchster Qualität verwandeln“, betont Moosbrugger. „Aufgrund der vielen Pflanzen und Kräuter gilt das Grünfutter als besonders wertvoll, was man bei den Produkten wie Milch, Butter, Käse und Fleisch auch schmeckt. Bauer und Vieh sind somit gleichermaßen von großer Bedeutung für die Biodiversität dieser Regionen“, betont Moosbrugger.
Fehlt jedoch die Bewirtschaftung, verarmt auch die Artenvielfalt. Ebenso steigt das Risiko von Bodenerosionen – insbesondere Plaiken. Darunter sind Wiesenflächen im Bereich steiler Hänge zu verstehen, die samt Wurzelhorizont abrutschen. Durch Verbuschung, Abrutschung und den Verlust der Landschafts- und Lebensvielfalt verlieren diese Gebiete auch ihren kulturellen und ästhetischen Wert – für Einheimische genauso wie für den Tourismus. Die Wiesen zeichnen sich schließlich durch eine besondere Blütenpracht und Anziehungskraft aus.
Nachschärfung der ÖPUL-Maßnahme zeigt erste Erfolge
Um diese gefährdeten Lebensräume zu erhalten, werden in der neuen Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) gezielt Maßnahmen gesetzt. „Mit der Überarbeitung der ÖPUL-Maßnahme ‚Bewirtschaftung von Bergmähwiesen‘ ist es im Vorjahr gelungen, dass die Bergmähwiesenfläche wieder gestiegen ist. Sie beträgt bundesweit rund 15.000 ha, was fast wieder dem Niveau von 2015 entspricht. In Tirol, wo die meisten Bergmähwiesen zu finden sind, übersteigen die Zahlen mit über 7.100 ha sogar leicht jene aus 2015“, berichtet der LKÖ-Präsident im Hinblick auf die 2023er-Daten.
Abgeltung, Markterfolg und Zusammenarbeit mit Tourismus wichtig
„Mit Anreizen erreichen wir mehr als mit Zwang. Es ist wichtig, gemeinsam mit den Bäuerinnen und Bauern etwas für die Biodiversität zu tun, statt gegen oder ohne sie. Eine Mehrabgeltung für die Mehrleistung führt eher zum Ziel als Verbote oder unpraktikable Vorgaben. Eine ausreichend hohe Dotierung der ÖPUL-Maßnahmen und eine verstärkte Zusammenarbeit mit dem Tourismus sind für die Zukunft unverzichtbar, um bedrohte Bergmähwiesenflächen weiterhin zu erhalten“, erklärt Moosbrugger. „Außerdem ist es überaus wichtig, dass für die wertvollen, auf diesen Flächen entstehenden Lebensmittel dem Aufwand entsprechende Preise bezahlt werden.“ (Schluss) kra