Wien (OTS) – Viele EU-Mitgliedstaaten haben bereits Sonderregelungen für die umsatzsteuerliche Behandlung von Lebensmittelspenden eingeführt. Nun soll es eine solche auch in Österreich geben. Maßgeblich zu diesem Erfolg beigetragen hat eine vom Institut für Finanzrecht der Universität Wien im Dezember 2023 veröffentlichte Publikation, die einen Nullsteuersatz für Lebensmittelspenden vorschlägt. Auch ein Runder Tisch, den Die Tafel Österreich vor kurzem gemeinsam mit dem Institut für Finanzrecht zu diesem Thema ausgerichtet hat, wies eindrücklich auf die Notwendigkeit der umsatzsteuerlichen Neuregelung von Lebensmittelspenden hin. Jetzt hat das BMF reagiert und kündigt einen Nullsteuersatz für Lebensmittelspenden an, der ab 2025 gelten soll. Denn das Steuerrecht dürfe das Wegwerfen gegenüber dem Spenden nicht begünstigen.
Die Verschwendung von Lebensmitteln zu reduzieren und deren Weitergabe an bedürftige Menschen zu fördern, nimmt in der EU einen hohen Stellenwert ein. Im Rahmen der europäischen „Green Deal“-Initiative hat sich die EU daher der Halbierung der Lebensmittelverschwendung pro Kopf bis 2030 verschrieben. Trotz zahlreicher Maßnahmen werden allerdings in Österreich noch immer jährlich mehr als 800.000 Tonnen Lebensmittel weggeworfen, gleichzeitig sind 17,5 % (1,55 Mio.) der österreichischen Bevölkerung armutsgefährdet. EU-weit werden jedes Jahr rund 59 Millionen Tonnen Lebensmittel im Wert von 132 Milliarden Euro entsorgt. Auch das Steuerrecht trägt ein Stück dazu bei, denn aus steuerrechtlicher Sicht kann es für Unternehmen günstiger sein, Lebensmittel zu entsorgen, als sie zu spenden.
Eine im Dezember 2023 veröffentlichte Publikation des Instituts für Finanzrecht der Universität Wien (In: Taxlex; 19. JG. Heft, 12. Dezember 2023) und ein vor kurzem in Kooperation mit der Tafel Österreich abgehaltener Runder Tisch mit Finanzexpert:innen aus unterschiedlichen Bereichen haben nun den Stein ins Rollen gebracht: Am Ostersonntag hat das Bundesministerium für Finanzen (BMF) verkündet, dass ab 2025 eine umsatzsteuerliche Neuregelung für Lebensmittelspenden kommt. So hat Professor Dr. Caroline Heber gemeinsam mit ihrem Team in einem kürzlich publizierten Ländervergleich herausgearbeitet, dass sich viele Mitgliedstaaten der Problematik annehmen und umsatzsteuerliche Lösungsansätze gefunden haben. Diese sind aber entweder nicht vollends geeignet, das Ziel, Lebensmittel zu spenden und nicht wegzuwerfen, zu erreichen oder nicht mit den unionsrechtlichen Regelungen kompatibel.
Professor Dr. Caroline Heber, Institut für Finanzrecht der Universität Wien, erklärt: „Ich freue mich sehr, dass es uns gelungen ist, einen Lösungsansatz für die umsatzsteuerliche Behandlung von Lebensmittelspenden aufzuzeigen, der einerseits das Spenden erleichtert und andererseits EU-rechtskonform ist. Dass der politische Wille zum Handeln so schnell gefunden wurde, zeigt, wie wichtig das Thema ist.“
Der vom Institut für Finanzrecht in der Publikation vorgeschlagene Nullsteuersatz erfüllt damit den gleichen Effekt wie eine echte Steuerbefreiung. Die Lieferung ist in diesem Fall steuerbar und steuerpflichtig, die erhobene Umsatzsteuer beträgt allerdings null. Der Vorsteuerabzug bleibt dem Warenspender erhalten. Bewertungsunsicherheiten werden vermieden, weil die Umsatzsteuerschuld unabhängig von der Höhe der Bemessungsgrundlage null bleibt.
Dr. Alexandra Gruber, Geschäftsführung Die Tafel Österreich, ergänzt: „Das Thema steuerliche Attraktivierung von Warenspenden beschäftigt uns schon lange. Daher sind wir im Herbst mit großer Freude in eine Kooperation mit dem Institut für Finanzrecht der Universität Wien getreten. Aus der Erfahrung unserer Schwesterntafeln in anderen europäischen Ländern wissen wir schon seit vielen Jahren, welchen positiven Effekt fördernde, rechtliche Rahmenbedingungen auf die karitative, mildtätige Lebensmittelweitergabe haben können und werden auch nicht müde, immer wieder darauf hinzuweisen. Dieser Schritt der steuerlichen Attraktivierung entlang der gesamten Wertschöpfungskette ist ein erster wichtiger und richtiger Meilenstein, um Lebensmittelspenden zu fördern, damit diese gerade in Zeiten der Teuerung so vielen Menschen wie möglich zugutekommen, die von Armut betroffen sind und die heute nicht wissen, wie sie sich und ihre Kinder ausgewogen und gesund ernähren sollen.“
Zusammengefasst lässt sich aus Sicht der Tafel Österreich zu der vom Bundesministerium für Finanzen (BMF) angekündigten umsatzsteuerlichen Neuregelung für Lebensmittelspenden folgendes festhalten:
- Mit der nun vom BMF erfolgten Ankündigung ist ein erster, wichtiger Meilenstein auch in Österreich gesetzt, um Lebensmittelspenden aus dem jahrzehntelang vorhandenen Graubereich zu heben, der das Spenden von Lebensmitteln erschwert hat bzw. viele Warenspender verunsichert hat.
- Der vom Institut für Finanzrecht der Universität Wien vorgeschlagene Nullsteuersatz hat entscheidend dazu beigetragen, dass so rasch eine gute Lösung für Österreich gefunden werden konnte, die nicht (wie viele andere europäische Lösungen) der EU-Mehrwertsteuersystemrichtlinie widerspricht. Die Initiative des Instituts für Finanzrecht, sich mit dieser so wichtigen Materie – auch im Sinne der SDGs – auseinanderzusetzen, wird vielen Spendern und Spendenbegünstigten in Zukunft dienlich sein.
- Die vom BMF vorgeschlagene Lösung soll alle Stufen der Wertschöpfungskette betreffen, was sehr zu begrüßen ist.
- Wie in anderen europäischen Ländern sollte diese steuerliche Begünstigung dazu dienen, die Lebensmittelspenden karitativen, mildtätigen Vereinen und somit zu 100 % armutsbetroffenen Menschen zukommen zu lassen. In anderen europäischen Ländern wird dieses Kriterium durch die kostenfreie Weitergabe von Lebensmittelspenden an ausgewählte karitative, mildtätige Vereine sichergestellt.
- Auf die entsprechende Transparenz, ein genaues Warenspendenmonitoring sowie auf die genaue Auswahl der Warenempfänger wird von Seiten des Warenspenders in jedem Fall mit Einführung der umsatzsteuerlichen Neuregelung mehr denn je zu achten sein.
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