„Den Anschluss an die Veränderungen nicht verpassen“ – Das sind die Tourismus-Trends 2024
Wien (OTS) – Der Tourismus befindet sich in einer Wendezeit. Die Veränderungen bei Zinsen, Energie und Klima, Digitalisierung und Globalisierung sowie der demografische Wandel haben eine größere Schnittmenge mit der Hospitality-Branche als mit anderen Wirtschaftsbereichen.
Preisanpassungen In den gästenahen Dienstleistungsbereichen von Hotellerie und Gastronomie konnten die enormen Kostensteigerungen nicht auffangen. Mit den geschwächten operativen Betriebsergebnissen müssen teurere Kredite bedient werden. Die Schere zwischen Konjunktur und Betriebswirtschaften geht weiter auf. Die derzeit heikle Transformationsphase macht es nachhaltigen Geschäftsmodellen, die nach Investitionen verlangen, nicht gerade leicht. Diese „causa prima“ wird uns voraussichtlich das gesamte Jahr 2024 begleiten.
Nachhaltig verändertes Gästeverhalten
Die Nachfragesituation bleibt (trotz fortgesetzter medialer Jubelmeldungen rund um die Nächtigungszahlen) volatil. Zur genaueren Beurteilung empfiehlt sich auch ein Blick auf die einzelnen Nächtigungskategorien. Die aktuellen Gewinner sind vor allem in der alternativen Beherbergung und in den gewerblichen Ferienwohnungen zu suchen, was übrigens auch den Trend zu individuelleren und einzigartigen Reiseerfahrungen widerspiegelt.
Veränderung der Nächtigungen (Sommer 2023 zu Sommer 2019)
- Hotels 5/4 Sterne: -2,25%
- Hotels 3 Sterne: -5,60%
- Hotels 2/1 Sterne: -2,77%
- Ferienwohnungen gewerblich: +47,52%
Der Wunsch nach Spontanität und Flexibilität bei der Urlaubsplanung hat sich bei vielen Reisenden verfestigt und bringt neue Standards für die Reisebranche mit sich. Das bringt die Hotellerie in Zugzwang und stellt die Betriebe punkto Preisgestaltung und Vertriebsmanagement vor neue Herausforderungen. Die Fähigkeit, Preiserhöhungen sorgfältig zu kalkulieren und umzusetzen, wird zu einem entscheidenden Faktor für den Erfolg. Der Übergang von Revenue Management zu Profit Management, bei dem die laufende Prüfung der Kostenstruktur und eine flexible Ertragssteuerung im Vordergrund stehen, ist zu einer wichtigen Strategie für nachhaltiges Wachstum geworden.
Nachhaltigkeit im Tourismus: Ökologie trifft auf soziales Engagement
Der Trend zu umweltfreundlichem und nachhaltigem Tourismus wird stärker. Gäste achten immer mehr auf ökologische Nachhaltigkeit in Bezug auf Unterkünfte, Verpflegung und Aktivitäten. Doch Nachhaltigkeit beschränkt sich nicht nur auf Umweltaspekte. Hoteliers sind nun gefordert, alle Säulen der Nachhaltigkeit zu berücksichtigen, da immer mehr Gäste nicht nur bewusster sondern auch kritischer urlauben.
Die soziale Nachhaltigkeit spielt dabei eine wesentliche Rolle. Sie umfasst faire Arbeitsbedingungen, die Unterstützung lokaler Gemeinschaften und den Schutz kultureller Werte. Soziale Nachhaltigkeit beinhaltet ebenso den fairen Umgang mit Mitarbeitern, inklusive angemessener Entlohnung und Weiterbildungsmöglichkeiten.
Insgesamt geht es darum, einen positiven Beitrag zur lokalen Gemeinschaft zu leisten, während gleichzeitig ein authentisches und bereicherndes Erlebnis für die Gäste geschaffen wird. Soziale Nachhaltigkeit stellt somit eine wichtige Ergänzung zum ökologischen Ansatz dar und bildet zusammen mit diesem ein umfassendes Konzept für einen verantwortungsvollen Tourismus. Nachhaltigkeit ist derzeit noch ein Wettbewerbsvorteil und wird bis Ende 2024 ein unverzichtbarer Produktbestandteil in der Hotellerie.
Verstärkter Fokus auf Best Ager als zahlungskräftige Zielgruppe
Der Anteil der über 67-Jährigen wird zwischen 2020 und 2030 höher sein als der Anteil der unter 25-Jährigen. Somit kommt es zu einer Verschiebung der Verhältnisse. Die 50plus- Generation wächst so stark wie keine andere Bevölkerungsgruppe, ist also ein wichtiger Wachstumsmarkt.
Die Menschen werden aber nicht nur älter, sondern bleiben auch länger fit. Damit stellt der demographische Wandel die Gesellschaft vor große Herausforderungen, bietet aber auch Chancen, wenn es künftig um ganz neue Beherbergungsformen geht. Best Ager Hotel-Residenzen, die weniger auf Pflege denn auf Aktivitäten unter Gleichgesinnten setzen, werden enorm an Zuspruch und Bedeutung gewinnen.
Urlaub (und Arbeit) mit Sinn
Bereits seit Längerem ist ein Paradigmenwechsel hin zu sinnorientiertem Erleben zu beobachten. Menschen wollen Geschichten und Träume erleben, die angenehme körperliche, geistige und seelische Erfahrungen ermöglichen und sie emotional bereichern. Die Natur dient dabei als essentielle „Sinn-Stütze“.
Es kann durchwegs vom Entstehen einer „Sinnesgesellschaft“ gesprochen werden, die Menschen sind vermehrt auf der Suche nach Selbstfindung, Selbsterkenntnis und Selbsterfahrung. Dieser Wertewandel wird vorangetrieben durch die veränderten sozioökonomischen Rahmenbedingungen unserer Gesellschaft sowie durch die Entwicklungen in den aufkommenden Wohlstands- und Konsumgesellschaften weltweit. Indem wir sinnorientierte Erlebnisse schaffen, die im hektischen Alltag oft verloren gehen – wie das Näherbringen der Natur, das Erleben gemeinsamer Momente mit der Familie, oder die Reduktion auf das Wesentliche –, bieten wir unseren Gästen die Möglichkeit, mit einem Mehrwert nach Hause zurückzukehren.
Ebenso wichtig ist es zu erkennen, dass auch Mitarbeiter in ihrer beruflichen Tätigkeit nach Sinn suchen. Sie möchten Teil von etwas Größerem sein und spüren, dass ihre Arbeit einen positiven Einfluss hat – sei es auf die Gäste, die Umwelt oder die Gesellschaft im Allgemeinen. Dieses Bedürfnis nach sinnvoller Beschäftigung ist ein wesentlicher Faktor für Zufriedenheit und Motivation im Arbeitsumfeld. Durch die Schaffung sinnstiftender Arbeitsplätze tragen wir daher nicht nur zum Wohlbefinden unserer Mitarbeiter bei, sondern fördern auch ein nachhaltigeres und erfüllteres Arbeitsumfeld.
Spontanität und Individualität: Kern des modernen Reisens
Die Suche nach dem Sinn kann sich auch in der Selbstdarstellung widerspiegeln, die vor allem für moderne Reisende und Hedonisten eine große Rolle spielt, wobei Anonymität und das Eintauchen in eigene Geschichten wesentlich sind. Spontanität wird dabei zum Schlüsselwort, da immer mehr Reisende ohne feste Pläne die Hotellerie erkunden, getrieben von der Lust auf neue, unerwartete Erlebnisse.
Gleichzeitig dient Reisen der persönlichen Entwicklung, sowohl im Alleinsein als auch in der Gemeinschaft. Der Trend zum Alleinreisen betont das Verlangen nach Selbstentfaltung, während Beziehungen durch gemeinsame Reiseerlebnisse gestärkt werden. Dadurch entsteht eine dynamische Balance zwischen Individualität und gemeinschaftlichen Erlebnissen.
Eleganz der Einfachheit durch Reduktion und stillen Luxus
In der heutigen Gesellschaft wird Lebensqualität zunehmend nicht durch materiellen Besitz, sondern durch andere Faktoren bestimmt, die ein erfülltes Leben prägen. Viele Menschen streben nach einem vereinfachten Umfeld, das durch Minimalismus, Einfachheit und Reduktion geprägt ist und einen beruhigenden Kontrast zu unserer schnelllebigen Welt bietet.
Stiller Luxus ergänzt diesen Trend durch seinen zurückhaltenden Ansatz. Produkte und Erlebnisse, die stillen Luxus verkörpern, sind durch ansprechendes Design, hohe Qualität und eine diskrete Exklusivität gekennzeichnet. Dieser Ansatz ist besonders in Beherbergung und Gastgewerbe präsent, wo stiller Luxus durch individuellen Service und die Betonung von Natürlichkeit und Detailverliebtheit zum Ausdruck kommt. Diese Entwicklung spiegelt einen tieferen Wandel wider, weg vom Überflüssigen hin zu einem bewussten, sinnvollen Luxus.
Bedeutung der mentalen Gesundheit
Mentale Gesundheit gewinnt, besonders in Wendezeiten, zunehmend an Bedeutung. Sie umfasst das seelische Wohlbefinden, emotionale Ausgeglichenheit und die Verbesserung des Allgemeinzustands. Langanhaltender Stress oder das Gefühl der Überforderung können die psychische Gesundheit stark beeinträchtigen. Orte des Wohlbefindens, wie es Hotel einmal sind, können gezielt Gegenpole sein.
Zur Vorbeugung und Reduzierung von Alltagsstress können Maßnahmen wie regelmäßiger Sport, Achtsamkeitstraining, ausreichender Schlaf und Aktivitäten in der Natur beitragen. Selbst kurze tägliche Atemübungen können effektiv sein. Immer mehr Hotels bieten spezielle Mental Health- und Burnout-Präventionsprogramme an, die mit Trainings- und Entspannungsübungen auf die genannten Stressfaktoren abzielen.
Bye, bye Halbpension
Die alpine Hotellerie muss sich auch auf die verschiedensten „Food Trends“ einstellen. Insbesondere wenn sich die Menschen aus urbanem Umfeld anders ernähren. So ist derzeit zu beobachten, dass sich vor allem jüngere Hotelgäste zunehmend von der traditionellen Halbpension abwenden. Gefragt ist „Flexibilität, aber mit System“. Gäste suchen nach Individualität. Wünsche und Werte gehen in Richtung „small, local, authentic, vegan und sharing“ und sicher nicht in eine vorgegebene „Halbpension mit vier Gängen“.
Auswirkungen auf österreichische Beherbergungsbetriebe
Für Touristiker ist es wichtig, Veränderungen zu beobachten, Erkenntnisse abzuleiten und den eigenen Betrieb möglichst früh darauf einzustellen. Denn der Wandel einer Unternehmenskultur und die Entwicklung neuer Produkte für die veränderten Gästebedürfnisse brauchen Zeit. Dies erfordert von Hoteliers neben einer flexiblen Anpassung auch ein tiefes Verständnis der Marktentwicklungen.
Doch nur wer sich rechtzeitig mit den neuen Anforderungen beschäftigt, verpasst den Anschluss nicht und kann den Wünschen der Reisenden gerecht werden.
Wer die Trends versteht und sich im Rahmen seiner Positionierung anpasst, kann potentiellen Gästen ein unvergessliches und erfüllendes Erlebnis bieten; und sich gleichzeitig von mitunter „starr“ agierenden Mitbewerbern positiv abheben.
Rückfragen & Kontakt:
Prodinger Tourismusberatung
Thomas Reisenzahn, t.reisenzahn@prodinger.at
Marco Riederer, m.riederer@prodinger.at