Die Frühjahrsgespräche der AUSTROMED, der Interessensvertretung der österreichischen Medizinprodukte-Unternehmen und In-vitro-Diagnostik, fanden am Freitag unter dem Motto »Medizinprodukte: Innovation aus Tradition. Unverzichtbar gestern, heute und morgen« im TechGate Vienna statt. Trotz bestem Frühlingswetter waren zahlreiche Stakeholder des Gesundheitssystems der Einladung gefolgt, um aktuelle Entwicklungen und Überlegungen rund um Künstliche Intelligenz (KI), Digitalisierung und Innovation mit Fokus auf die Medizinprodukte-Branche live mitzuverfolgen. Dieses große Interesse spiegelt auch die Relevanz der Medizinprodukte-Branche für die heimische Wirtschaft mit 18,6 Milliarden Umsatz, 61.800 Beschäftigten und damit einer Wertschöpfung von 5,5 Milliarden wider, wie AUSTROMED-Präsident Gerald Gschlössl in seiner Begrüßung betonte.
Keine Angst vor Künstlicher Intelligenz
Für den Impulsvortrag konnte der Strategie- und Transformationsberater Karl-Heinz Land aus Köln gewonnen werden. Auch das Podium war hochkarätig besetzt. Unter der Moderation von Mag. (FH) Lena Sattelberger, geschäftsführende Gesellschafterin von SOLVE Consulting, erörterten Gerald Gschlössl und Peter Lehner, Obmann der Sozialversicherung der Selbständigen (SVS), gemeinsam mit Karl-Heinz Land die Chancen und Herausforderungen der digitalen Transformation der Medizinproduktebranche in Österreich. »Wir müssen den Menschen die Furcht vor der Digitalisierung und der KI nehmen, besonders wenn es um Gesundheitsdaten geht«, benennt Gerald Gschlössl eine wesentliche Herausforderung beim Voranschreiten der digitalen Transformation.
Mehr Investitionen in Digitalisierung nötig
In seiner Eröffnungsrede machte AUSTROMED-Präsident Gerald Gschlössl auf den hohen Stellenwert der Digitalisierung für die heimischen Medizinprodukte-Unternehmen aufmerksam. Eine von der AUSTROMED durchgeführte Umfrage zeigt, dass 56 von 61 befragten Unternehmen die Bedeutung von Medizinprodukten im Bereich der Digitalisierung sehr hoch bzw. hoch einschätzen. Herausforderungen sind dabei vor allem regulatorische Anforderungen, Datenschutz und -sicherheit sowie die Erstattung digitaler Medizinprodukte. »Wir fordern daher die rasche Umsetzung der E-Card auf dem Smartphone, die Umsetzung des E-Verordnungsscheins in der mySV-App und die Stärkung dieser App mit Integration aller Vertragspartner der Sozialversicherung«, brachte Gerald Gschlössl drei Forderungen der AUSTROMED auf den Punkt.
AI or die
Die transformative Kraft von KI wurde danach im Impulsvortrag von Karl-Heinz Land aus mehreren Perspektiven beleuchtet: »KI ist die Dampfmaschine von morgen, sie übersetzt Energie günstig in Arbeit. Deshalb wird sie die sozialen, politischen, ökonomischen und die ökologischen Rahmenbedingungen verändern. Ich nenne das den Dampfmaschinenmoment der Digitalisierung.« Der häufig als digitaler Darwinist bezeichnete KI-Experte Land steht für eine digitale Evolution. »Der Produktivitätsschub durch KI wird, je nachdem welche Anwendungen man betrachtet, zwischen 25% und 90% liegen, teilweise auch darüber. Jedes Unternehmen wird sehr zeitnah eine eigene KI-Strategie entwickeln müssen. Wer sich nicht anpasst, geht unter. Man könnte sagen, >AI or die<.« Dabei plädiert er dafür, Routinearbeiten durch strategische Arbeiten zu ersetzen, geschlossene Systeme zu vernetzten und überlastete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch kollaborative Intelligenz zu unterstützen. »Wir müssen die Dinge nicht nur richtig machen, wir müssen die richtigen Dinge tun«, so Land in seinem Vortrag.
Mut zur Veränderung
In der anschließenden Podiumsdiskussion wurde erörtert, was die richtigen Dinge sind, und was nötig ist, um diese umzusetzen. »Wir dürfen uns nicht zurücklehnen, sondern müssen die Umgebung aktiv gestalten und aktiv an den Rahmenbedingungen arbeiten. Das trifft auch auf die Sozialversicherung zu. Wir brauchen im Gesundheitssystem engagierte Menschen, und wir brauchen den Mut zur Innovation, den Mut zur Gestaltung und den Mut zur Veränderung«, nimmt sich SVS-Obmann Peter Lehner selbst in die Pflicht. Herausforderungen sieht das Panel zum einen bei regulatorischen Vorgaben, deren Notwendigkeit allerdings nicht in Frage gestellt werden soll, und zum anderen an der technischen Umsetzung. »In spezialisierten, geschlossenen Systemen ist Datenschutz selbstverständlich. Und bei der E-Card am Handy warten wir gerade, dass Apple uns eine Lösung ermöglicht, die für uns 100% sicher ist. Da sind wir von einem amerikanischen Konzern gebremst und nicht von unserer eigenen Motivation«, so Lehner zu einer der Forderungen von Gerald Gschlössl.
In einer abschließenden Fishbowl-Diskussion brachten DI Pascal Mülner vom Cluster Human.Technology.Styria, DI Dr. Joachim Bogner von den Siemens Healthineers und Ing. Mag. (FH) Christine Stadler-Häbich von Roche Diagnostics konkrete Fragen aus der Praxis auf das Podium und rundeten damit einen spannenden und kurzweiligen Vormittag voller innovativer Einblicke ab.
Über AUSTROMED
Die AUSTROMED ist die freiwillige Interessensvertretung für Unternehmen, die in der Entwicklung, der Produktion, der Aufbereitung und dem Handel von Medizinprodukten in Österreich tätig sind. Sie ist Partner der Gesundheitspolitik und versteht sich als Service- und Anlaufstelle für ihre Mitglieder. Insgesamt gibt es rund 750.000 Medizinprodukte in Österreich. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil des täglichen Lebens und ein wichtiger Grundpfeiler der modernen Medizin. Medizinprodukte sind vielfältig und reichen von Einmalprodukten bis zu Hightech-Geräten. Die Medizinprodukte-Branche ist neben ihrer Rolle als essenzieller Versorger des Gesundheitswesens auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und Arbeitgeber.