Bei einem Pressegespräch in Wien berichtet der Präsident des Österreichischen Weinbauverbandes, Johannes Schmuckenschlager, heute vom sehr frühen Start der diesjährigen Weinlese und rechnet mit einer geringeren Erntemenge als im Vorjahr: „Die erwartete Weinmenge wird mit etwa 2,0 Mio. hl doch deutlich unter dem Durchschnitt der letzten Jahre liegen.“ 2023 konnten 2,33 Mio. hl erzeugt werden. Der Durchschnitt der Jahre 2019 bis 2023 beläuft sich auf 2,41 Mio. hl. Grund für die frühe Weinernte sei ein sehr früher Austrieb der Reben, begleitet von ausreichenden Niederschlägen im Frühjahr und Hitzeperioden im Sommer. Die Weinernte hat bereits in allen Weinbaugebieten begonnen, im Burgenland befinden wir uns bereits mitten in der Hauptlese. In Niederösterreich, der Steiermark und Wien wird diese jetzt Anfang September starten.
Witterungsverlauf 2024 sehr wechselhaft
Der Witterungsverlauf im Jahr 2024 ist der Grund für die außergewöhnlich frühe Ernte. Im Gegensatz zum Vorjahr gab es im heurigen Winter bereits ausreichend Niederschläge, wobei die Wintermonate ab Jänner für die Jahreszeit zu warm waren. Ein warmer Frühlingsbeginn und fast schon sommerliche Temperaturen Anfang April bedingten einen sehr zeitigen Rebaustrieb, drei Wochen früher als im langjährigen Durchschnitt. „Ein früher Austrieb birgt immer die Gefahr von Spätfrostschäden, die bis etwa Mitte Mai auftreten können. Und tatsächlich kam es in der zweiten Aprilhälfte in ganz Österreich zu mehreren Spätfrostereignissen“, berichtet Schmuckenschlager. Waren in den meisten Gebieten eher nur punktuell tiefe Lagen und teilweise Junganlagen vom Frost geschädigt, so war die Betroffenheit in Teilen der Thermenregion, des Kamptals und der Wachau deutlich höher.
Aufgrund des zeitigen Austriebs der Reben fand auch die Rebblüte entsprechend früher statt. So begann diese vielerorts in der letzten Maiwoche und fand in den ersten beiden Juniwochen ihren Abschluss. Aufgrund der Niederschläge zur Zeit der Blüte kam es in manchen Gebieten teilweise zu einer zögerlichen Rebblüte und teilweise auch zu Verrieselungsschäden. Auch der Gesunderhaltung der Reben war zu diesem wichtigen und empfindlichen Vegetationszeitpunkt besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Ab Mitte Juni begann die erste Hitzeperiode mit Temperaturen über 30°C. Dies führte zu einem sehr raschen Vegetationsfortschritt und Beerenwachstum bis hin zum Traubenschluss. Aufgrund der anhaltenden Hitze im Juli und August hat der Reifebeginn bereits sehr früh eingesetzt und schreitet zügig voran. Grund dafür war auch die gute Wasserversorgung vom Frühjahr, wobei die Niederschläge während des Sommers sehr unterschiedlich waren.
In manchen Gebieten gab es während des Sommers keine nennenswerten Niederschläge. Andere Gebiete wiederrum waren sehr gut versorgt, etwa der Raum Krems. Bedauerlicherweise gab es dieses Jahr auch wieder einige Unwetterereignisse mit starkem Hagelschlag. Besonders betroffen waren unter anderem Neusiedl am See, Gols und Podersdorf, das südburgenländische Güssing sowie einige steirische Weinbaugebiete wie Leibnitz, Deutschlandsberg und der Hartberger Raum. Erst kürzlich gab es massive Unwetter im Raum Hollabrunn und massiven Hagelschlag auf dem Wiener Nussberg. Nicht unerwähnt bleiben soll in diesem Zusammenhang, dass das verstärkte Auftreten von Unwettern ebenfalls eine Folge des Klimawandels ist.
Der frühe Rebaustrieb, die frühe Rebblüte, die gute Niederschlagsversorgung und die darauffolgenden Hitzeperioden während des Sommers sind der Grund dafür, dass die Weinernte so früh wie selten zuvor begonnen hat. Im Burgenland findet seit letzter Woche bereits die Hauptlese statt. In Niederösterreich, der Steiermark und Wien wird diese jetzt Anfang September starten.
Mengenmäßig geringere Ernte
Schmuckenschlager erklärt: „Mengenmäßig gehen wir dieses Jahr von einer geringeren Erntemenge als im Vorjahr, aber auch im Vergleich zum Durchschnitt der vergangenen Jahre aus. Der Traubenansatz war in vielen Anlagen heuer weniger ausgebildet, ebenso haben die Spätfrost- und Verrieselungsschäden während der Blüte die Erntemenge verringert.“ Durch die Hitzeperioden des Sommers sind die Beerendurchmesser und damit die Mostausbeute vielfach niedriger als in normalen Jahren. Die Hagelereignisse sind für die betroffenen Gebiete zwar bitter, haben aber auf die Gesamtweinernte meist nur geringen Einfluss. „Nach Rückfragen in den Gebieten wird im heurigen Jahr eine Weinernte von rund 2,0 Mio. hl erwartet. Damit liegen wir um 15% unter der ohnehin nicht großen Vorjahresernte“, so Schmuckenschlager. Aufgrund der vorrätigen Reserven in den Betrieben ist aber keinesfalls von einer Weinknappheit auszugehen.
Insbesondere dichte, vollreife Rotweine erwartet
„Die Winzerinnen und Winzer haben wieder ihr Bestes gegeben, um gesunde Trauben zu erzeugen. Die aufgrund der Witterung weit fortgeschrittene Reife machte einen so frühen Lesebeginn notwendig, um ein harmonisches Zucker-Säure-Verhältnis zu erhalten“, zeigt sich Schmuckenschlager hinsichtlich der Qualität der Trauben sehr zufrieden und sagt weiter: „Wir können uns auf einen reifen, harmonischen Weinjahrgang freuen, der punktuell vielleicht auch etwas kräftiger ausfallen wird.“ Besonders entgegen kommt der heurige Jahrgang den Rotweintrauben. Aufgrund der kleinbeerigen, tiefdunklen und konzentrierten Trauben ist von dichten, vollreifen Rotweinen auszugehen.
Genuss mit Verantwortung statt Pauschalverurteilung
Aktuelle Berichterstattungen vermitteln oft das Bild, dass jeglicher Alkoholkonsum gefährlich sei und grundsätzlich abzulehnen ist. Diese pauschale Sichtweise verkennt jedoch, dass nicht alle alkoholischen Getränke gleich sind und nicht jeder Konsum missbräuchlich ist. Wichtig ist ein verantwortungsvoller Umgang mit Alkohol. Schmuckenschlager betont: „Als Branche setzen wir uns entschieden gegen Missbrauch ein, lehnen jedoch pauschale Verurteilungen ab. Ein moderater und verantwortungsbewusster Konsum ist wichtig.“
Gerade das Naturprodukt Wein hebt sich von anderen alkoholischen Getränken ab. Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen, dass moderater Weinkonsum gesundheitliche Vorteile bieten kann, wie etwa die Förderung der Herz-Kreislauf-Funktionen und den Schutz vor freien Radikalen durch Weinphenole. Der Begriff „French Paradox“, also dass es im Genussland Frankreich im Vergleich zu anderen Ländern weniger gravierende kardiovaskuläre Erkrankungen gibt, fasst diese positiven Erkenntnisse zusammen. „Wir sind gegen das derzeitige Alkoholbashing, betonen aber die Bedeutung eines maßvollen Konsums. Ein Beispiel dafür ist die europäische Plattform www.wineinmoderation.eu“, so Schmuckenschlager.