Situation im Handel nach wie vor sehr herausfordernd. Umsätze schrumpfen stationär und online. Das Stimmungsbild im Handel bleibt pessimistisch.
Wien/Amstetten (OTS) – Zusammenfassung:
- Handelsumsätze fallen weiter
- Wirtschaftswachstum: Schrumpfung ist kein Motor
- Konsumausgaben rückläufig
- Insolvenzwelle rollt über Österreich
- Online-Umsätze sinken weiter
- Stimmung hellt sich auf – geopolitische Lage bleibt unübersichtlich
1. SITUATION IM ÖSTERREICHISCHEN HANDEL
Die schwache Konjunktur hat sich auch auf die privaten Konsumausgaben in Österreich ausgewirkt, die im Vergleich zum Vorjahr um -1,1 % zurückgegangen sind. Die Reduktion der gesamten Konsumausgaben hat sich auch auf die Entwicklung der Einzelhandelsumsätze negativ ausgewirkt. „Die anhaltende Teuerung, sinkende Konsumausgaben, steigende Betriebskosten (Energie etc.) stellen den stationären Handel nach wie vor auf eine harte Probe
“, stellt Mag. Stefan Krejci von RE/MAX Commercial Austria fest.
Auch Online-Handel schrumpft
Im Jahr 2023 hat sich der Rückgang im Bereich „eCommerce“ deutlich beschleunigt und ist um -7,5 % im Vergleich zu 2022 zurückgegangen.
Vorkrisenniveau bei Pleiten führt zu Schließungen
944 Handelsunternehmen schlitterten 2023 in die Insolvenz (+14 %). Die Zahl der Pleiten insgesamt für Q1/2024 stieg im Vergleich zum Vorjahresquartal um +27 % auf 1.688 an.
Expansive Diskonter
Diskont-Konzepte wie KIK, TEDI, Action, Thomas Philipps und die deutsche Warenhauskette Woolworth suchen nach wie vor neuen Filialstandorten. Im Bekleidungsbereich konnten Unternehmen wie TK Maxx oder Only im abgelaufenen Jahr ihre Filialanzahl weiter steigern. Die Firma Deichmann, hat angekündigt, sein Konzept MyShoes aufzugeben und dadurch 29 Filialen zu schließen.
Weiterhin expansiv unterwegs sind Shops mit Luxuslabels. Hermès, Dior oder Longines haben neue Standorte an Topadressen in Wien eröffnet oder nach Umbauten wiedereröffnet. Gleichzeitig ist auch eine Flächennachfrage in innerstädtische Toplagen und Einkaufszentren bei E-Auto-Anbietern (BYD) zu erkennen.
Herausforderung: Handel nach wie vor eher pessimistisch eingestellt
Nach einer Umfrage von Standort + Markt im Frühjahr 2024 gehen nur rund 15 % der befragten Unternehmer davon aus, das Jahr 2024 mit Gewinn abzuschließen, aber 42% mit Verlust.
Kürzere Öffnungszeiten gegen Betriebskosten
Die hohen Energiepreise treffen Händler je nach Branche ebenfalls an unterschiedlichen Fronten, unter anderem im Bereich des eigenen Transports. Aber auch Einkaufszentren spüren den Druck steigender Betriebskosten, weshalb erste Standorte bereits eine Reduktion der Öffnungszeiten umgesetzt haben.
Konsumausgaben gefallen – Erholung könnte 2024 hilfreich sein
Der private Konsum ist im Jahr 2023 leicht gesunken. Aufgrund der neuerlich hoch ausgefallenen Lohnabschlüsse rechnen die Wirtschaftsforscher 2024 und 2025 jedoch mit einer höheren Konsumnachfrage. Diese werden sich positiv auf die Einzelhandelsumsätze, aber negativ auf die Kostenstruktur auswirken.
2. AUSWIRKUNGEN AUF HANDELSIMMOBILIEN
Auch in Toplagen neue Konzepte möglich
Neueinstiege kommen aus der reinen „Marken-Welt“ zwecks klassischen Branding oder aus Trendbereichen wie der E-Mobilität. Auch im Bereich der Gastro- und Freizeitindustrie ist steigendes Interesse zu verzeichnen, vor allem aus der Systemgastronomie (KFC, McDonalds, LeBurger). Allein im Mode- und Schuhhandel sind im letzten Jahrzehnt rund -18 % der Verkaufsfläche verschwunden. Das nützen viele Händler, die Verträge entsprechend nachzuverhandeln. „Deckelungen von Betriebskosten oder Einschleifregelungen sind bereits gang und gäbe
“, so Krejci.
Handelsflächenreduktion geht weiter
Der Standort + Markt City-Retail Studie 2024 zufolge sind rund 9.000 m² Verkaufsfläche verschwunden. Dennoch hat sich die Leerstandsrate in den heimischen Städten nur unwesentlich auf 6,7 % reduziert, weil in den letzten Jahren Verkaufsflächen in Summe zurückgegangen sind und anderwertig genutzt werden. „Gastronomie, Sport- und Wellnessangebote wie Fitnessstudios, sowie öffentliche Einrichtungen und Dienstleistungen können eine wichtige Rolle bei möglichen Umnutzungen spielen
“, meint Raimund Baumgarten, MBA, RE/MAX Commercial, Experte für Hotel und Gastronomie.
Branchenmix entscheidet
Sowohl bei Mietern als auch Investoren weiterhin hoch im Kurs stehen Fachmarktagglomerationen, die ein großes Angebot an krisenfesten Gütern des täglichen Bedarfs (Lebensmittelhandel, Drogerien, Apotheken, Tierbedarf etc.) aufweisen.
3. SPITZENMIETEN FÜR HANDELSFLÄCHEN
2023 kaum Veränderungen zum Vorjahr – Prognosen für 2024 gehen aber von teilweise rückläufigen Spitzenmieten aus
WIEN. Hohe Kaufkraft, starke Tourismusströme und ein Einzugsgebiet von zwei Millionen Einwohner sind dafür verantwortlich, dass die Spitzenmieten weiterhin bei rund 400 Euro/m² liegen. „Wien ist und bleibt die Nummer Eins am Retailmarkt. Wir gehen 2024 von gleichbleibenden Spitzenmieten für die Bundeshauptstadt aus
“, fasst Anton Putz von RE/MAX Commercial Wien zusammen.
GRAZ. Als einzige Großstadt Österreichs verzeichnet Graz eine – wenn auch geringe – Reduktion der Spitzenmieten. Die Grazer Innenstadt befindet sich seit geraumer Zeit in einem Spannungsfeld mit fünf umliegenden Einkaufszentren (Shopping City Seiersberg, Citypark, Murpark, Shopping Nord und Center West). Mit ihrem historischen Charme erlebte sie einige – teilweise insolvenzbedingte – Schließungen, die aber durchwegs mit branchenähnlichen Unternehmen (Hunkemöller, Weekday, Douglas) ersetzt werden konnten. „Die leicht rückläufige Entwicklung der Handelsflächenmieten in der Stadt Graz ist im österreichischen Vergleich ein wenig überraschend. Für das laufende Jahr gehen wir von einer gleichbleibenden Spitzenmieten aus
“, schätzt Ing. Alois Marchel von RE/MAX Commercial Graz die Situation ein.
LINZ. Die oberösterreichische Landeshauptstadt entwickelt sich dank einer hohen Kaufkraft ebenfalls durchaus positiv. Die Linzer Landstraße ist trotz der Konkurrenz zur Plus City Linz nach wie vor beliebt. Die Linzer Innenstadt punktet durch ein sehr breites Angebot. So wurden beispielsweise Shops wie Genussmomente, Gioia oder ein Saint Charles in der Bischofstraße eröffnet. Ende 2023 eröffnete der Juwelier S.M. Wild am Taubenmarkt ein neu renoviertes Geschäft. „Wir sehen Linz als einen stabilen und auch teilweise leicht unterschätzten Retailmarkt. Die Spitzenmieten sind stabil und sollten das auch im Jahr 2024 bleiben
“, erläutert Mag. Stefan Krejci von RE/MAX Commercial.
SALZBURG. „Im Jahr 2022 sind die Touristen generell nach Österreich und damit auch in die Stadt Salzburg zurückgekehrt. Dennoch kommt es in der Innenstadt vermehrt zu Leerständen. Während es 2022 zu einer leichten Reduktion der Spitzenmieten gekommen ist, sind diese im Jahr 2023 gleichgeblieben. Dennoch hat die Innenstadt beispielswiese mit Nespresso, Depot oder Zara namhafte Unternehmen verloren. Aus diesem Grund gehen wir auch für das Jahr 2024 eher von einer Reduktion der Spitzenmieten in Salzburg aus
“, erläutert Raimund Baumgarten.
INNSBRUCK. Innsbruck hat 2023 als einzige Landeshauptstadt leicht steigende Spitzenmieten verbucht. „Die Nachfrage nach Handelsflächen ist generell gesunken, auch die Nachfrage nach 1A-Lagen wurde weniger und dementsprechend sind die Mietpreise durchwegs gefallen. B- und C-Lagen sind spürbar weniger nachgefragt, die Mietpreise für diese Lagen sind überproportional – teilweise sogar im zweistelligen Prozentbereich – gefallen
“, berichtet Arno Wimmer von RE/MAX Commercial Innsbruck.
KLAGENFURT. Im Sommer 2023 hat das deutsche Modepark Röther im Süden Klagenfurts eine Verkaufsfläche von rund 4.400 m² eröffnet. Nachdem ein Hauptmieter der City Arkaden, die Firma Pepco, bereits wieder ausgezogen ist, konnten namhafte Nachmieter durch die Drogeriemarke Müller und das Modegeschäft Woolworth gefunden werden. „Der klassische Handel in Klagenfurt ist derzeit in Bewegung und zeigt Interesse. In Klagenfurt ist der Trend zu Filialschließungen großer Ketten aus den Bereichen Textil, Schuhe und Einrichtung zu beobachten
“, berichtet Daniel Lobnik von RE/MAX Commercial in Klagenfurt.
BREGENZ. Philipp Feurstein von RE/MAX Commercial in Bregenz schätzt die Situation im Ländle folgendermaßen ein: „Neue Handelsprojekte kommen bei uns de facto nicht mehr auf den Markt. Der Wettbewerb um die besten Lagen bleibt, dennoch gestalten sich Vermietungen im gesamten Vorarlberger Raum als herausfordernd.
“ Eine medial viel beachtete Ausnahme war hier der positive Beschluss der Stadtvertretung bzgl. Raumplanungsvertrag und Flächenwidmung des Messeparks Dornbirn, dessen Handelsfläche um rund 100 Millionen Euro erweitert werden soll.
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