Die schwierige Lage zeigt auf, dass viele Reformen in der EU notwendig sind. Diese müssen allerdings konstruktiv und sachlich erarbeitet werden – und die wichtigsten Errungenschaften der EU müssen bewahrt und weiterentwickelt werden. Gleichzeitig braucht es weniger Bürokratie, darüber waren sich alle am vom Institut der Regionen Europas (IRE) organisierten 20. Salzburg Europe Summit einig.
Hahn verwies in seinem Impulsreferat auf den EU-Binnenmarkt als entscheidendes Asset der EU. Würde man den Binnenmarkt vollenden, gebe es Einsparungspotentiale bis zu 450 Mrd. Euro pro Jahr „und das nur auf der regulatorischen Seite“. Man müsse die Industrie stärken, um den Standort erhalten zu können. Es gebe in der EU exzellente Forschung, gut ausgebildete Menschen, aber es fehle an der „Übersetzung in Business, wofür es auch mehr Venture Capital brauchen wird“. Europa stehe für regelbasierte Weltordnung auf Basis von Recht, Verträgen und Reziprozität. Die europäische Wirtschaft müsse global agieren, auch als Ausdruck einer selbstbewussten EU. Mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit meinte die Vize-Ministerin für Europäische Angelegenheiten der Tschechischen Republik, Pavlína Žáková, dass es hier mehr Liberalität und weniger Bürokratie brauche. Europa laufe Gefahr, zu viel zu regulieren. Hingegen brauche es im Binnenmarkt mehr Europa, mehr Fortschritt. Der Binnenmarkt müsse auch im digitalen Markt und im Bereich Energie vervollständigt werden. Gemeinsame Einkäufe und gemeinsame europäische Infrastrukturprojekte seien entscheidend. Deregulierung sei etwas, das in Europa immer mit guten Absichten begleitet sei, aber zu wenig umgesetzt werde. Kaum dass es darum gehe, welche Regelungen abgebaut werden sollten, sei es aber nicht mehr so einfach, sich festzulegen, führte die stv. Staatssekretärin für EU-Angelegenheiten Lettlands, Ingrīda Levrence, aus. Das nächste EU-Budget müsse das Level der EU-Ambition widerspiegeln. Das Ambitionslevel würde durchaus mit den Grundwerten zusammenhängen – und ohne Grundwerte habe man in der EU am Ende sehr wenig, was übrigbleibe.
Das Lieferkettengesetz sei ein prominentes Beispiel, das immer wieder zitiert werde, aber für viel mehr stehe. Es gehe um Risikovermeidung, dafür sei es ein bemerkenswerter Versuch, der einen riesigen Umsetzungsaufwand mit sich bringe, erläuterte der Staatssekretär für Europaangelegenheiten und Internationales des Landes Nordrhein-Westfalen, Mark Speich. Als Beispiel nannte er Marmor für Grabsteine, was hauptsächlich aus Indien und China importiert würde. Von Unternehmen zu verlangen, die genauen Herkunftsnachweise in anderen Teilen der Welt zu bekommen, sei gewaltig. Bei Haftungsfragen entstünde dann auch ein Problem der Verantwortung. Bei der Entwicklung der EU-Gesetzgebung sei die Einbindung der Stakeholder von entscheidender Bedeutung, führte Gabriele Abels aus, Jean-Monnet-Professorin für Vergleichende Politikwissenschaft und Europäische Integration (Universität Tübingen). Hier könne etwa nachgedacht werden, ob der Ausschuss der Regionen zusätzliche Kompetenzen erhalten solle, um Verfahren zu verbessern. Genau genommen hätte sie selbst eine Entsendung nach der EU-Entsenderichtlinie gebraucht, um im Rahmen des Kongresses in Salzburg aufzutreten. Hier müsse genauer geprüft werden, ob eine Regelung praxisnah und nicht unnötig bürokratisch sei.
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