Totschnig, Moosbrugger und Strasser warnen in Berlin vor anhaltendem EU-Regulierungsdruck
Berlin (OTS) – Die Grüne Woche in Berlin steht heuer im Schatten der Proteste zehntausender Bäuerinnen und Bauern. Sie demonstrieren mit ihren Traktoren in ganz Deutschland aufgrund von Förderkürzungen der Ampelregierung. Österreichs Agrarspitze mit Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig, LK Österreich-Präsident Josef Moosbrugger und der Obmann des Landwirtschaftsausschusses Georg Strasser zeigt sich solidarisch mit den deutschen Bäuerinnen und Bauern und übt harsche Kritik an der Regulierungspolitik der EU-Kommission.
Totschnig: „Der Green Deal bringt die Bauern an ihre Grenzen!“
„Es ist verständlich, dass die deutschen Bäuerinnen und Bauern auf die Straße gehen. Ein systemrelevanter Sektor, der für die Lebensmittelversorgung zuständig ist, braucht die Unterstützung der gesamten Gesellschaft. In Österreich stehen wir nicht nur klar hinter den Bäuerinnen und Bauern, sie sind auch – anders als in Deutschland – direkt in der Bundesregierung vertreten. Die Bauernproteste in unserem Nachbarland zeigen aber eindringlich: Wenn von den Bäuerinnen und Bauern Unmögliches abverlangt wird, gefährden wir die Versorgung mit gesunden, heimischen Lebensmitteln.“
„Der Regelungsdruck seitens der EU auf die Landwirtschaft gefährdet zunehmend unsere Wettbewerbsfähigkeit. Viele Bäuerinnen und Bauern haben das Gefühl, dass die Vorhaben der EU-Kommission realitätsfern und Ziele ideologischer formuliert werden. Alleine beim Green Deal sprechen wir von 136 Rechtsakten in unterschiedlichen Umsetzungsstadien. Viele Regelungen davon bringen die Bäuerinnen und Bauern an ihre Grenzen! 46% der Menschen kaufen Lebensmittel in Aktion, zusätzliche Regulierungen werden uns in die Import-Falle stürzen. Die EU entwickelt sich immer stärker weg von den vier Grundfreiheiten hin zu den 10.000 Regulierungen. Es braucht daher dringend eine Kurskorrektur der EU-Politik“, so Totschnig, der bereits seit seinem Amtsantritt das Thema Versorgungssicherheit trommelt und Allianzen für eine realitätsnahe und praxistaugliche EU-Politik bildet. Zugleich ist der Landwirtschaftsminister überzeugt: „Wir sind die, die dieses Schiff steuern können. Wir wissen, wie man die EU gestaltet und Allianzen bildet – etwa bei Laborfleisch, dass in rasanter Geschwindigkeit auf uns zu kommt. Auf Initiative Österreichs hin und gemeinsam mit Frankreich und Italien werden wir beim kommenden Agrarrat in Brüssel eine breite Diskussion zu Laborfleisch einfordern.“
Moosbrugger: Zentrale Versorgungssysteme nicht billigem Populismus opfern
„Als österreichische Bäuerinnen und Bauern sind wir froh, in unserer Regierung noch Partner zu haben, die uns zuhören und sich in Worten und Taten klar zu unserer familiengeführten Land- und Forstwirtschaft bekennen“, betonte Moosbrugger. „In Deutschland steht die Ampel hingegen auf Rot. Wer den Bauernfamilien wichtige Entlastungen streicht, oder versucht ihnen eine bürokratische Fleischsteuer als Abhilfe darzustellen und gleichzeitig von einem Bürokratieabbau spricht, hat das Problem nicht verstanden.“
„Natürlich ist auch die Stimmungslage in der österreichischen Bauernschaft herausfordernd. Wir haben viele ähnliche Schmerzpunkte wie die Deutschen – in Form der gleichen Vorgaben durch die Gemeinsame Agrarpolitik und den längst überholten ‚Green Deal‘, wo die Praktikabilität zunehmend leidet. Wir fordern eine neue EU-Politik, die endlich die Lehren aus Corona, Ukraine-Krieg und Klimakrise zieht und auch Versorgungssicherheit und Produktionsstandort Europa wieder die notwendige Bedeutung beimisst“, unterstreicht Moosbrugger.
„Während Gesellschaft, NGO-getriebene Politik und Handel die Produktion für uns immer weiter verteuern, setzen die Menschen beim Einkauf immer stärker auf billige Aktionsware. Das erzeugt einen enormen Druck auf unsere Bauernfamilien“, warnt der LKÖ-Präsident. „Wir sollten zentrale Lebensgrundlagen nicht einem billigen, kurzsichtigen Populismus opfern. Ein Bauernhof, der einmal aufgegeben hat, wird nicht mehr aufgesperrt. Investitionen, gerade in Maschinen und Stallbauten, müssen über viele Jahre und Jahrzehnte abgezahlt werden. Ich kann nicht heute auf Tierwohl setzen und morgen auf etwas anderes. Wir brauchen Planbarkeit, Verlässlichkeit und echte Zukunftsperspektiven. Und wir brauchen mehr Ehrlichkeit auch im Handel. Was von der Landwirtschaft in Werbung und Lieferbedingungen verlangt wird, muss auch im Regal konsequent umgesetzt werden“, fordert Moosbrugger.
Strasser: Wollen mit ehrlicher Arbeit überzeugen
Strasser fordert angesichts der aktuellen Situation einen parteiübergreifenden Konsens für die österreichische Land- und Forstwirtschaft: „Bauern gegeneinander aufzuhetzen ist ein No-Go – gemeinsam Lösungen zu finden, das bringt uns wirklich weiter! Es sollte unser aller Interesse sein, für unsere Bauernfamilien den Weg für eine zukunftsfitte Land- und Forstwirtschaft in Österreich zu bereiten. Davon profitiert letztlich jeder in unserem Land. Wir setzen uns für den Zusammenhalt innerhalb des bäuerlichen Berufsstandes ein, sind es doch immer weniger Menschen, die uns alle mit Lebensmitteln versorgen.“
Gleichzeitig stellt er klar: „Wir lassen uns nicht auseinanderdividieren. Während andere Parteien nur durch scheinheiligen Populismus auffallen und die Bauernproteste in Deutschland als Vorwand für Wahlkampf-Aktionen verwenden wollen, sind wir es, die die Bäuerinnen und Bauern auf allen politischen Ebenen vertreten. Was der Landwirtschaft blüht, wenn es keine Vertretung in den entscheidenden Gremien gibt, sehen wir aktuell in Deutschland: Unsere Berufskollegen werden nicht gehört und mit ihren Anliegen alleine gelassen. In Österreich kämpft der Bauernbund dafür, dass es gar nicht so weit kommt.“
Strasser will auch 2024 einen nachhaltigen Weg der Weiterentwicklung in der Landwirtschaft einschlagen: „Dazu braucht es aber Maß, Ziel und Hausverstand. Das Bio- und Tierwohlsegment kann nur wachsen, wenn das die Konsumenten auch kaufen und unsere Betriebe Planungssicherheit haben. Die Verantwortung dafür liegt bei den Konsumenten, aber auch bei der Politik. Heuer werden die Weichen in der Agrarpolitik in Brüssel neu gestellt. Die Entscheidungen, die dort getroffen werden, treffen unsere Landwirte direkt. Wir wollen deshalb mit ehrlicher Arbeit überzeugen und uns weiterhin für unsere Bauernfamilien einsetzen!“
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