Wien (OTS) – Vor allem die Teuerung ließ die Nachfrage nach kostenfreier Lebensmittelhilfe auch 2023 um ein Viertel steigen: Die Tafel Österreich versorgte mehr als 35.000 armutsbetroffene Menschen in 100 sozialen Einrichtungen mit erstmals mehr als 1.000 Tonnen geretteten Lebensmitteln. Ein Rekord, der wenig Grund zu jubeln gibt – v. a. auch, da der Druck auf die karitative Lebensmittelweitergabe zunimmt. Zum 25-Jahr-Jubiläum forciert die NGO u. a. ihr Engagement für bessere politische Rahmenbedingungen und appelliert an alle Entscheidungsträger:innen für mehr Zusammenarbeit.
Es war wohl eines der turbulentesten Jahre in der 25-jährigen Geschichte von Österreichs ältestem Sozial- und Umweltverein: Vom Schritt in die Rettung von Obst- und Gemüseüberschüssen aus der Landwirtschaft (und der damit verbundenen Zusammenarbeit mit sozialen Einrichtungen in den Bundesländern) über den Meilenstein der Markenweiterentwicklung von „Wiener Tafel“ zu „Die Tafel Österreich“ und die spontane Nothilfe nach dem schweren Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet bis hin zum Start der österreichweiten Wanderausstellung „GewissensBISS“ an Schulen zum Thema vermeidbare Lebensmittelabfälle – Die Tafel Österreich konnte 2023 eine Vielzahl an Herausforderungen meistern.
Eine der größten: Dem massiv gestiegenen Bedarf gerecht zu werden. Denn die Teuerung in allen Lebensbereichen – wie Heizen, Wohnen oder Essen – führte im vergangenen Jahr dazu, dass viele Menschen, die zuvor gerade noch über die Runden kamen, an ihre Grenzen stießen. 2023 versorgte Die Tafel Österreich über 35.000 armutsbetroffene Personen (+25 %) in 100 Sozialeinrichtungen kostenfrei mit geretteten Lebensmitteln – nach einem Anstieg des Bedarfs um 40 Prozent von 2021 auf 2022 neuerlich ein deutlicher Sprung. In einem gemeinsamen Kraftakt mit 257 Ehrenamtlichen ist es trotz weiter sinkender Warenspenden aus dem Handel gelungen, auch deutlich mehr Lebensmittel aus neuen Bezugsquellen wie der Landwirtschaft zu retten, um den gestiegenen Bedarf zumindest teilweise zu decken: 1.037.814 kg an genusstauglichen Lebensmitteln (+15,76 % gegenüber 2022), darunter viel Obst und Gemüse, wurden gerettet und u. a. an Mutter-Kind-Häuser, Obdachlosen- und Flüchtlingsunterkünfte, Notquartiere oder Frauenhäuser kostenfrei verteilt.
Alexandra Gruber, Geschäftsführerin Die Tafel Österreich: „Seit 1999 stehen wir als Brücke vom Überfluss zum Bedarf. Nie zuvor wurde unsere Hilfe so sehr gebraucht – und nie zuvor mussten wir so für unsere Mission kämpfen. 8,5 % der Menschen in diesem Land können sich nicht mindestens jeden zweiten Tag eine Hauptmahlzeit leisten. Gleichzeitig wird es immer schwieriger, Warenspenden zu bekommen – und das, obwohl in Österreich nach wie vor jährlich rund 1 Million Tonnen an Lebensmitteln entsorgt werden. Eine Schieflage, die wir auch künftig nicht hinnehmen werden.“ [1]
Appell für mehr Zusammenarbeit und bessere politische Rahmenbedingungen
Die Tafel Österreich verfolgt seit Beginn das internationale Tafelmodell der Lebensmittelrettung und kostenfreien Versorgung von armutsbetroffenen Menschen in sozialen Einrichtungen. Diese Mission sowie die konsequent betriebene Bewusstseinsbildung tragen dazu bei, dass weniger Lebensmittel entsorgt und somit Abfall und Emissionen reduziert werden. Zugleich bietet sie erheblichen sozialen Mehrwert [2]. Denn die Kooperation mit Sozialeinrichtungen ermöglicht professionell angeleitete Wege aus der Not. Dabei spielen Lebensmittel, gemeinsames Essen und Ernährung eine ganz zentrale Rolle. Die Tafel Österreich leistet somit einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) 1 – keine Armut, 2 – kein Hunger und 12.3. – Halbierung der Lebensmittelabfälle.
„Unser Wirken gegen Armut, Hunger und Lebensmittelverschwendung ist sozial und ökologisch nachhaltig. Seit 25 Jahren bauen wir Brücken zwischen Disziplinen, Professionen, Stakeholdergruppen, um diese komplexen Themen inklusive Klimaschutz ganzheitlich anzugehen. Der Erfolg gibt uns recht, sind doch der Tafel Österreich hunderte weitere Vereine, Initiativen und Start-ups gefolgt, die Lebensmittel retten“, so Alexandra Gruber. „Dieses lösungsorientierte und vernetzte Denken ist schon in unserer Gründungs-DNA verankert – und genau das würden wir uns auch von allen Akteur:innen wünschen. Denn durch Zusammenarbeit und geeignete politische Rahmenbedingungen können wir gemeinsam viel mehr erreichen.“
Die Tafel Österreich setzt sich seit vielen Jahren für nachhaltige Verbesserungen in der karitativen, kostenfreien Lebensmittelweitergabe in Österreich ein, zeigt Problemstellungen auf und bringt Lösungsvorschläge in den Diskurs ein, die in anderen europäischen Ländern schon erfolgreich implementiert sind. Auch in der Bewusstseinsbildung gegen Armut, Hunger und Lebensmittelverschwendung hat sich Die Tafel Österreich mit Projekten wie der Kampagne „Ist das noch gut?“ zum Mindesthaltbarkeitsdatum, der TafelBox, Rezeptideen zu „Altem Brot mit neuem Sinn“, dem Sensorik Labor für Kinder und Jugendliche und vielem mehr als Wegbereiterin und Innovatorin über die letzten 25 Jahre einen Namen gemacht.
Die Tafel Österreich 2023 – auf einen Blick
- 1.037.814 kg gerettete Lebensmittel (+15,76 % gegenüber dem Vorjahr)
- 245 Warenspender:innen (2022: 233)
- 100 belieferte Sozialeinrichtungen (2022: 96)
- 35.000 versorgte Personen (+25 % gegenüber dem Vorjahr)
- 17.132 Stunden von 257 Ehrenamtlichen (2022: 15.801; 253)
- 969 Liefertouren (2022: 930)
[1] Quelle zu Armutszahlen: STATISTIK AUSTRIA, Krisenfolgenerhebung SILCexpress: „So geht’s uns heute“. Datenstand 05.12.2023. Erstellt am 20.12.2023.
[2] vgl. Der gesellschaftliche Mehrwert der Tafel Österreich, White Paper. Grünhaus Ch. et al, NPO Institut, WU Wien
Rückfragen & Kontakt:
Rückfragen & Kontakt:
Mag. Verena Scheidl, Leitung Kommunikation
verena.scheidl@tafel-oesterreich.at
+4366488279822
https://tafel-oesterreich.at