Wien (OTS) – Paris / Wien, 15. Februar 2024 – Nach einem bewegten Jahr 2023, das letztendlich besser als erwartet ausfiel, wird 2024 zu einem unsicheren wie entscheidenden Jahr. „2024 wird zum Schlüsseljahr – sowohl in (geo-)politischer Hinsicht mit mehr als 60 nationalen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen als auch in wirtschaftlicher Hinsicht mit zunehmenden Risiken und einer sich immer noch verlangsamenden Weltwirtschaft“
, sagt Dagmar Koch, Country Managerin Coface Österreich. Vor diesem Hintergrund hat Coface in ihrer aktuellen Länder- und Branchenbewertung 13 Länderrisikobewertungen (12 Heraufstufungen und 1 Herabstufung) und 22 Branchenrisikobewertungen (17 Heraufstufungen und 5 Herabstufungen) geändert. Während Belgien, Dänemark und die Schweiz zu jenen Ländern zählen, die in der aktuellen Analyse besser bewertet werden, hat sich die Einschätzung für Israel verschlechtert.
Im dritten Jahr in Folge wird sich das Wachstum der Weltwirtschaft verlangsamen: Während 2023 noch ein Wachstum von 2,6 Prozent verzeichnete, wird für 2024 eines von 2,2 Prozent prognostiziert. Haupttreiber der Weltwirtschaft werden 2024 die Schwellenländer sein. „Ein „Soft Landing“ der US-amerikanischen Wirtschaft wird von unseren Experten als wahrscheinlichstes Szenario gesehen. Dabei dürfte sich die Wirtschaftsaktivität in der ersten Jahreshälfte aufgrund rückläufiger Ausgaben der privaten Haushalte weiter abschwächen. Ein Grund: Die während der Pandemie angehäuften und nun weitgehend aufgebrauchten Ersparnisse werden weiter schwinden“
, erläutert die Coface-Managerin.
Die Länderrisikobewertung von Österreich ist unverändert bei A3 geblieben. „Damit liegt Österreich auf demselben Risiko-Niveau wie Frankreich und Deutschland, jedoch deutlich oberhalb der Bewertung von Italien“
, erläutert Christiane von Berg, Head of Economic Research BeNeLux & DACH bei Coface und führt weiter aus: „Hintergrund dieser Bewertung ist unter anderem die stotternde Konjunkturentwicklung. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte 2023 um 0,6 Prozent zurückgegangen sein. Mit Ausnahme des Pandemie-Jahres 2020, war dies das schlechteste Jahr seit der Finanzmarktkrise 2009.“
Ein Grund dafür ist der rückläufige private Konsum. „Die Kaufkraft schwächelt“
, unterstreicht Dagmar Koch. Österreich verzeichnete im vergangenen Jahr mit einer harmonisierten Inflationsrate von 7,7 Prozent im Jahresdurchschnitt, einen stärkeren Preisanstieg als der Euro-Raum. Hier lag der Durchschnitt bei 5,5 Prozent. „Die verringerte Kaufkraft spiegelt sich etwa im Baugewerbe wider. Investitionen sind speziell im privaten Wohnungsbau eingebrochen. Hier macht sich auch das anhaltend hohe Zinsniveau bemerkbar“
, erläutert Koch. Für das aktuelle Jahr 2024, wird aufgrund der hohen Lohnabschlüsse eine leichte Konjunkturerholung erwartet. Das BIP sollte um 0,4 Prozent zulegen. „Die Situation der Unternehmen in Österreich hat sich deutlich verschlechtert“
, unterstreicht von Berg und referenziert auf die Anzahl der Unternehmensinsolvenzen im vergangenen Jahr. Mit 5.343 Unternehmen lagen die Insolvenzen um 13 Prozent höher als im Jahr zuvor. Damit haben die Insolvenzzahlen das Vor-Pandemieniveau eingeholt und einen Höchststand seit 2014 erreicht. „Durch die Insolvenz der Signa-Gruppe, die größte Unternehmensinsolvenz in der österreichischen Wirtschaftsgeschichte, lagen die Gesamtschäden aller insolventen Unternehmen in Österreich mit fast 14 Mrd. Euro im vergangenen Jahr um 534 Prozent höher als 2022. Im Jahr 2024 wird das Niveau der Insolvenzzahlen voraussichtlich erhöht bleiben“
, so von Berg.
China fasst wieder Tritt, Europa mit (Beinahe-)Stagnation
Die chinesische Wirtschaft schien in der zweiten Jahreshälfte 2023 wieder Tritt zu fassen und schloss das Jahr mit einem BIP-Wachstum von 5,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr, also leicht über dem offiziellen Wachstumsziel, ab. Zu Jahresbeginn gerät die Wirtschaft der Volksrepublik jedoch ins Stocken. „Der private Konsum erholt sich nur allmählich und die Sorgen über die Korrektur des Immobilienmarktes schwelen weiter. Die erhöhte Verschuldung auf kommunaler Ebene, die unter anderem zur Reduzierung staatlicher Unterstützungsmaßnahmen führt, belastet weiterhin die privaten Investitionen und die Stimmung der Verbraucher“
, erläutert Coface-Ökonomin Christiane von Berg. Südostasien wird voraussichtlich mit einem Wachstum von 4,6 Prozent erneut eine der dynamischsten Regionen sein – nach 4 Prozent im Jahr 2023. In Europa wird in der ersten Jahreshälfte mit einer (Beinahe-)Stagnation gerechnet. Das Verarbeitende Gewerbe wird weiterhin durch anhaltend hohe Kosten und eine schleppende Auslandsnachfrage belastet. „In Österreich ist die Inflationsrate noch weit von den 2 Prozent entfernt. Das belastet unsere Wirtschaft“
, unterstreicht von Berg.
Inflation und Zinsen: ein ungünstiges Umfeld
Trotz eines Rückgangs der Teuerungsraten im Jahr 2023 liegt die Kerninflation, die Energie- und Nahrungsmittelpreise herausnimmt, in den meisten entwickelten Volkswirtschaften immer noch doppelt so hoch, wie das Ziel der Zentralbanken es vorgibt.
2024 wird zeigen, ob die seit über 18 Monaten laufende Straffung bzw. Beibehaltung der restriktiven Geldpolitik ausreicht, um die Inflationsraten wieder auf 2 Prozent zu bringen. „Die nach wie vor angespannte Lage an den Arbeitsmärkten mit einem Fach- und Arbeitskräftemangel, historisch hohen Stellenangebotsquoten und einer anziehenden Lohndynamik deutet darauf hin, dass der Kampf gegen die Inflation noch nicht gewonnen ist“
, erläutert Koch. In puncto Zinsen gehört das Umfeld, an das sich private Haushalte, Unternehmen und Regierungen in den letzten fünfzehn Jahren gewöhnt haben, nun endgültig der Vergangenheit an. Die Zinssätze dürften in allen entwickelten Volkswirtschaften das ganze Jahr über auf hohem Niveau bleiben. „Die Markterwartungen von bis zu sechs Zinssenkungen zu je 25 Basispunkten im Laufe des Jahres erscheinen uns für beide Seiten des Atlantiks, also sowohl in den USA als auch in Europa, übertrieben. In Europa rechnen wir aufgrund des anhaltenden Kerninflationsdrucks frühestens ab Sommer 2024 mit einer geldpolitischen Lockerung“, sagt die Coface-Managerin. „Dieses ungünstige wirtschaftliche Umfeld bleibt für Unternehmen ein Risiko, wodurch auch die Insolvenzzahlen deutlich steigen könnten“
, so Koch abschließend.
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